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Claire von Nathalie C. Kutscher | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Malerin Claire Sawyer geht 1919 zum Studieren nach New York. Schnell freundet sie sich mit Josephine an, die das genaue Gegenteil der schüchternen Claire ist. Obwohl die beiden sich näher kommen, ahnt Claire, dass Josephine Geheimnisse hat, die ihrer Beziehung immer wieder im Weg stehen. Um ihre Liebe dennoch aufrechtzuerhalten, verheiratet sich Claire mit einem Mann, doch ihr Leben wird immer wieder auf den Kopf gestellt, nicht zuletzt deswegen, weil Josephine sich in den Kreisen der Mafia aufhält. Eine Liebesgeschichte, die in den wilden Zwanzigern beginnt und Jahrzehnte überdauert. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Grand Central Station! Der größte Bahnhof der Welt, und ich stand mittendrin in einem heillosen Gewühl aus Menschen und Gepäck. Ich orderte mir einen Kofferträger, der mich und meine Habseligkeiten bis zum Ausgang begleitete. Dort stand ich dann wieder alleine, geschockt darüber, was mich außerhalb des Bahnhofes erwartete. Menschen! Überall waren Menschen. Kreuz und quer liefen sie über die Straßen, drängelten oder flanierten, als hätten sie gerade nichts Besseres zu tun. Hohe Gebäude zu meiner Rechten und auch zur Linken. Ich fühlte mich erschlagen von den Eindrücken. Wie sollte ich mich in dieser Stadt, die einem Ameisenhaufen glich, je zurechtfinden? Schon jetzt fehlte mir Bostons Offenheit, wenngleich es ebenso eine Großstadt ist. Entschuldigen Sie, Sir", hielt ich einen gutgekleideten Herrn an. Können Sie mir sagen, wie ich zur National Academy komme?" Kopfschüttelnd lief er weiter. Ich versuchte mein Glück bei drei weiteren Passanten, die meinen Weg kreuzten, doch niemand wollte oder konnte mir Auskunft geben. Resigniert ließ ich die Schultern hängen, setzte mich auf meinen Koffer und stützte den Kopf in die Hände. Das fing ja gut an. Ich war eben erst angekommen und warf bei der ersten Hürde das Handtuch. Sehen Sie die gelben Autos?", hörte ich plötzlich eine Stimme. Ich drehte mich um und sah in das grinsende Gesicht eines schwarzen Schuhputzers, der etwa in meinem Alter war. Sie müssen sich an die Straße stellen und einfach winken. Die Taxis halten dann an", erklärte er. Unschlüssig erhob ich mich und tat, was er mir geraten hatte. Binnen Sekunden hielt tatsächlich eines der gelben Taxis vor mir an. Der Fahrer sprang aus dem Wagen, tippte sich zur Begrüßung kurz an seine Schirmmütze und lud mein Gepäck ein. Dann teilte ich ihm mit, wohin ich wollte und setzte mich ins Fahrzeug. Vielen Dank", rief ich dem Schuhputzer zu. Gerne", antwortete er. Ich bin übrigens Stan. Willkommen in New York." Wir fuhren durch die Fifth Avenue in der Upper East Side und ich bekam die Gelegenheit, mir meine neue Heimat anzusehen. Auch wenn die Stadt mich ängstigte, empfand ich sie als wunderschön. Die Leute waren alle fein und nach der neusten Mode gekleidet. Ich sah Damen, deren Kleider skandalös kurz waren und keinerlei Ärmel mehr besaßen. Stattdessen wurden diese Stofffähnchen von zwei dünnen Trägern gehalten, was sie locker und luftig erscheinen ließ. Bald niemand trug mehr lange Haare, so wie ich, sondern die Frisuren waren zum Teil extrem kurz, sodass sie über den Ohren endeten. Statt Hüte trugen die Frauen schmale Kappen, die sie tief ins Gesicht gezogen hatten und somit die Silhouette streckte und sehr schmal wirken ließ. Michelle wird es hier lieben, fuhr mir durch den Kopf. Meine modebewusste Schwägerin würde sich wahrscheinlich dumm und dusselig kaufen. Auch die Männermode war weniger formell als noch vor ein paar Jahren. Statt Anzüge trugen die Herren meist nur weiße Hemden, helle Hosen, die mit Hosenträger gehalten wurden und Strohhüte, wie auch David ihn trug. Einfache Westen ersetzten zugeknöpfte Jacketts. Hin und wieder sah ich auch lockere Schirmmützen, so wie beim Taxifahrer. Unwillkürlich stellte ich mir das schockierte Gesicht meiner Mutter vor und grinste. Sie würde höchstwahrscheinlich die Nase über so viel Offenheit rümpfen und diese Menschen als liederliche Kreaturen titulieren. Während ich meinen Gedanken nachhing, bemerkte ich, dass das Taxi vor einem neugotischen, prachtvollen Gebäude stehenblieb. Da wären wir, Miss", sagte er. Enttäuscht darüber, dass die Stadtrundfahrt vorbei war, zückte ich meinen Geldbeutel, um den Mann zu bezahlen. Das macht fünf Dollar, Miss." Seine irische Aussprache schmerzte regelrecht in meinen Ohren. Ich musste mir darüber klar werden, dass New York ein multikulturelles Pflaster war und meine mir anerzogene britische Bostoner Steifheit hier nicht viel weiterhelfen würde. Also schenkte ich dem Mann mit dem roten Schopf, der unter seine Mütze hervorlugte, ein aufrichtiges Lächeln, während ich ihn bezahlte. Er bedankte sich, stieg aus und öffnete mir die Türe. Ire hin oder her, er besaß wenigstens Benehmen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||